Auwaldzecke (Dermacentor reticulatus)

Die Auwaldzecke führte bis in die späten 1990er-Jahre in Teilen Ostdeutschlands (z.B. südliche Elbtalauen) und Südwestdeutschlands (vor allem Baden-Württemberg) ein relativ verborgenes Leben. Seitdem mehren sich die Meldungen, dass sie sich vor allem nach Norden ausbreitet und nicht selten Hunde von ihr gestochen werden. Diese Zeckenart scheint in Mitteleuropa von der bereits eingetretenen Klimaerwärmung und möglicherweise auch von Habitatänderungen zu profitieren (z.B. Umwandlung von landwirtschaftlich genutzten Flächen in Brachflächen).

Auwaldzecke – Steckbrief

  • Zoologischer Name: Dermacentor reticulatus
  • Familie: Schildzecken (Ixodidae)
  • Vorkommen: Vorwiegend im östlichen und südwestlichen Deutschland; hauptsächlich auf sonnenexponierten, mit Büschen oder Bäumen durchsetzten offenen Flächen und lichten Wäldern, Wiesen, Waldlichtungen, Waldrand, Brachen etc.
  • Besonderheiten: Bevorzugt sommerwarme Flächen, erträgt Trockenheit, findet sich aber  auch in Überschwemmungsgebieten (daher der Name!)
  • Sticht den Menschen? Selten
  • Überträger von Krankheitserregern? Überträgt gelegentlich den Erreger der sogenannten Hundemalaria
Aufnahme einer Auwaldzecke

© Zecken-Radar.de

Verbreitung und Vorkommen der Auwaldzecke

Die Auwaldzecke hat sich in den letzten Jahren in Deutschland stark ausgebreitet. Verbreitungsschwerpunkte in Deutschland sind der Osten und der Südwesten. Hierzu zählt das Saarland, Baden-Württemberg, Südhessen und das östliche Rheinland-Pfalz sowie Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg. Es gibt allerdings auch neuere Funde aus allen Flächenbundesländern und aus Berlin. Das Vorkommen der Spezies ist oft lokal begrenzt, im Gegensatz zum Gemeinen Holzbock, der im Wald und auf waldähnlichen Flächen eher flächendeckend vorkommt. Die Auwaldzecke bevorzugt im Unterschied zum Gemeinen Holzbock etwas offenere, aber nicht zu trockene, von hochwüchsigen Gräsern bewachsene Flächen, die mit Büschen oder jungen Bäumen durchsetzt sind.

In großen Teilen Europas aktiv

Die Auwaldzecke ist auch über die Grenzen Deutschlands hinaus verbreitet. Das nördlichste Vorkommen der Auwaldzecke befindet sich zurzeit auf der Linie von Südwestengland – Norddeutschland – Nordpolen – St. Petersburg. Südlich reicht die Ausbreitung bis zum Mittelmeerraum, dort vorwiegend in kühleren und höher gelegenen Lagen (Korsika und Südfrankreich) und in atlantisch geprägten Klimazonen (Portugal, Nordspanien). Die Auwaldzecke ist außerdem in Osteuropa stark verbreitet.

Jahreszeitliches Auftreten in Deutschland und Wirtstiere

Im Unterschied zum Gemeinen Holzbock ist die erwachsene Auwaldzecke in der kalten Jahreszeit, selbst im Januar und Februar, regelmäßig aktiv, sofern die Temperatur am Tag über 0°C liegt. Selten ist sie hingegen in den warmen Sommermonaten von Juni bis August zu entdecken. Lokal kann die Dichte der Auwaldzecke recht hoch sein – mitunter so hoch, dass erwachsene Weibchen und Männchen beispielsweise auf dem Hund zeitweise häufiger zu finden sind als Weibchen und Männchen des Gemeine Holzbocks. Im Unterschied zur erwachsenen Auwaldzecke findet man die Larven und Nymphen bevorzugt auf Kleinsäugern, nicht aber auf Menschen und Hunden. Auch die Männchen nehmen eine sich über mehrere Tage erstreckende Blutmahlzeit zu sich, oft direkt neben einem Weibchen. Erst dann sind sie in der Lage, Weibchen zu begatten.

Typische Standorte

Die Auwaldzecke hält sich gerne in lichten Wäldern, Überschwemmungsgebieten und waldnahen Wiesenflächen auf.  Brachen, also langgrasige Wiesen, durchsetzt mit Büschen oder Bäumen, gehören ebenfalls zu den typischen Standorten einer Auwaldzecke.

Wo halten sich aktive (wirtssuchende) Zecken auf?

Eine hungrige Auwaldzecke befindet sich in der Regel auf lebenden oder abgestorbenen Grashalmen, auf Kräutern und Stauden bis zu einer Höhe von etwa 1,50 Meter.

Pazifikküsten Zecke (Dermacentor occidentalis), Urheber: Jerry KirkhartCC BY 2.0

Auwaldzecke (Dermacentor reticulatus) (Männchen), Urheber: Accipiter / CC BY-SA 3.0

Zecke Dermacentor marginatus – männlich, in der Nähe von Livorno, Italien, Urheber: Lucarelli / CC BY-SA 3.0

Zeckenatlas Auwaldzecke

Der aktuelle Zeckenatlas Deutschlands zeigt 202 definierte Fundorte für die Auwaldzecke. Dermacentor reticulatus wurde in fast allen Bundesländern entdeckt, am häufigsten im Osten und Südwesten der Republik. Wichtig: Beim Zeckenatlas handelt es sich lediglich um publizierte Fundorte im Zuge durchgeführter Studien – das Vorkommen von Auwaldzecken ist prinzipiell in ganz Deutschland möglich.

Auwaldzecke: Biologie

Zu erkennen sind Auwaldzecken an ihrem charakteristischen Rückenschild, das nicht wie beim Gemeinen Holzbock einheitlich schwarz, sondern marmoriert ist. Vollgesogene Weibchen der Auwaldzecke sind etwas größer als die des Gemeinen Holzbocks. Charakteristisch ist, dass ihre Beine zwar ebenfalls an der Spitze des Körpers ansetzen, aber auch im gesogenen Zustand seitlich über die halbe Länge des Körpers nach hinten reichen.  Erwachsene Weibchen der Auwaldzecke sind vor einer Blutmahlzeit ca. 3-5 mm klein. Die Auwaldzecke ist somit etwas größer als die Weibchen des Gemeinen Holzbocks. Nymphen der Auwaldzecke sind etwa 0,9 bis 1,2 mm groß, Larven ca. 0,5 mm.

Typische und besondere Eigenschaften der Auwaldzecke

Larven und Nymphen der Auwaldzecke leben jeweils nur einige Wochen. Erwachsene Auwaldzecken dagegen sind vor einer Blutmahlzeit recht langlebig. So kann eine Auwaldzecke ein bis zwei Jahre ohne Blutmahlzeit überleben. Im Gegensatz zur häufigsten Zeckenart in Deutschland, dem Gemeinen Holzbock, verfügt die Auwaldzecke über ein Paar Augen. Diese sind seitlich am Schild gelegen, zwischen den Beinpaaren zwei und drei. Auf der Speisekarte von ausgewachsenen Auwaldzecken steht Reh-, Dam- und Rotwild sowie Wildschweine. Larven und Nymphen haben es vor allem auf Kleinsäuger abgesehen.

Wird der Mensch gestochen?

Larven- und Nymphenstadien der Auwaldzecke stechen den Menschen nicht. Und auch bei ausgewachsenen Zecken kommt ein Stich bei Menschen nur äußerst selten vor.

Werden Nutztiere gestochen?

Auch hier gilt: Larven und Nymphen der Auwaldzecke stechen keine Nutztiere. Erwachsene Zecken dagegen können Pferde, Rinder und Schafe befallen.

Werden Haustiere gestochen?

Erwachsene Auwaldzecken befallen vorwiegend Hunde. Hier ist in der Regel durch die Haustierhalter ein besonders gründliches Absuchen seines Vierbeiners empfehlenswert. Larven und Nymphen der Auwaldzecke befallen normalerweise keine Haustiere.

Infektionen: Übertragung von Krankheitserregern in Mitteleuropa durch die Auwaldzecke

Auf Haustiere – Hund:

  • Erwachsene Auwaldzecken übertragen den für Hunde gefährlichen Erreger der sogenannten Hundemalaria (Babesia canis), ein einzelliger Parasit, der die roten Blutkörperchen befällt.
  • Krankheitsanzeichen 1 bis 3 Wochen nach Zeckenstich können sein:  Fieber, Apathie, verfärbter Urin, Atemnot

Auf den Menschen:

  • Nichts bekannt. Trotzdem sollte das Befinden nach dem Stich aufmerksam verfolgt werden, da Auwaldzecken in Mitteleuropa als Träger für bestimmte Bakterien (z.B. Rickettsien) nachgewiesen wurden.
  • Der Mensch ist nicht empfänglich für den Erreger der Hundemalaria.

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