Borreliose nach Zeckenstich – Fakten & Mythen

Borreliose – auch bekannt als Lyme-Borreliose – ist die häufigste von Zecken übertragene Erkrankung. Sie wird von dem spiralförmigen Bakterium Borrelia burgdorferi ausgelöst. Je nach Region ist Schätzungen zufolge etwa jede dritte Zecke infiziert. Borreliose ist eine komplexe Erkrankung, die in mehreren Stadien verlaufen und vielfältige Symptome mit sich bringen kann. Um die Erkrankung kursieren viele Mythen – selbst die Experten sind sich nicht immer einig. Wir erklären, woran man die Borreliose erkennt und wie man sich schützt.

Wie wahrscheinlich ist eine Borreliose nach Zeckenstich?

Für die Borreliose gibt es – anders als bei der FSME – keine bundesweite Meldepflicht. Es gibt daher keine verlässlichen Zahlen, wie viele Menschen pro Jahr tatsächlich erkranken. Seriöse Schätzungen gehen von 50.000 bis 100.000 Fällen pro Jahr aus. Sie stützen sich unter anderem auf einzelne Studien oder Daten aus den Neuen Bundesländern, wo die Borreliose meldepflichtig ist.

Entsprechend weit verbreitet ist das Bakterium innerhalb der Zeckenpopulation. Infektionsraten von 10–20% bei den Nymphen und erwachsenen Zecken sind üblich, aber auch Infektionsraten von bis zu 40% oder sogar darüber kommen gebietsweise vor. Im Schnitt kann also jede dritte Zecke mit Borrelien durchseucht sein. Wichtig zu wissen: Nicht jeder Zeckenstich einer infizierten Zecke führt beim Menschen zwangsläufig zu einer Erkrankung!

Grafik: Größe von Borreliose-Bakterien

Wie schützt man sich?

Bei allen Mythen rund um die Borreliose ist eine Tatsache unbestritten: Zeckenschutz ist Borrelioseschutz! Wer Zeckenstiche konsequent vermeidet, senkt das Risiko für eine Infektion maßgeblich. Denn: Wo keine Zecke, da keine Borreliose.

Das Problem: Einen hundertprozentigen Schutz vor Zeckenstichen gibt es nicht. Mit geeigneten Maßnahmen lässt sich das Risiko allerdings erheblich senken. Dazu zählen die Verwendung von Repellents und das Tragen geschlossener Kleidung mit festem Schuhwerk oder Gummistiefeln sowie die rasche Zeckenentfernung. Am besten erkennen lassen sich abgestreifte Zecken auf hellen Kleidungsstücken. So lassen sie sich absammeln, noch bevor sie eine geeignete Einstichstelle in der Haut finden.

Zecken schnell entfernen

Auch wenn eine Zecke bereits zugestochen hat, ist es für den Schutz noch nicht zu spät. Borrelien leben im Darm der Zecke. Sie haften an der inneren Darmwand und werden erst bei einer Blutmahlzeit der Zecke aktiv. Dann durchdringen sie die Darmwand, wandern in die Speicheldrüse der Zecke und schließlich in den Blutkreislauf des Wirtes. Dieser Prozess nimmt bis zu 24 Stunden in Anspruch. Das bedeutet: Je schneller eine Zecke entdeckt und entfernt wird, desto geringer ist das Risiko für eine Borreliose. Ein gutes Indiz für die Saugdauer der Zecke ist ihr Hinterleib. Ist dieser bereits stark angeschwollen, saugt die Zecke wahrscheinlich bereits länger als 24 Stunden

Übrigens: Im Gegensatz zur FSME gibt es gegen Borreliose keine Impfung für den Menschen. Anders sieht es beim besten Freund des Menschen aus. Hundebesitzer können ihr Tier mit einer Borreliose-Impfung vor der Krankheit schützen.

Auf einen Blick: Tipps zum Borreliose-Schutz

  • Vermeiden Sie Zeckenstiche durch das Tragen geschlossener Kleidung
  • Benutzen Sie Repellents
  • Suchen Sie sich nach jedem Aufenthalt im Freien gründlich ab
  • Entfernen Sie Zecken so schnell wie möglich
  • Merken Sie sich die Stelle, an der die Zecke zugestochen hat. Machen Sie ggf. ein Foto und umkreisen Sie die Stelle mit einem Kugelschreiber
  • Notieren Sie den Zeitpunkt des Zeckenstichs im Kalender
  • Beobachten Sie die Einstichstelle bis zu vier Wochen nach dem Zeckenstich
  • Gehen Sie zum Arzt, wenn Sie eine Wanderröte um den Zeckenstich oder an einer anderen Körperstelle entdecken
Weiblicher Gemeiner Holzbock

Welche Anzeichen deuten auf eine Borreliose hin?

Das sicherste Zeichen ist die so genannte Wanderröte, im Fachjargon als Erythema migrans bezeichnet. Dabei handelt es sich um eine kreisförmige, sich ausbreitende Hautrötung. Sie tritt häufig im Bereich der Einstichstelle auf. In manchen Fällen betrifft sie aber auch andere Körperstellen.

Die Wanderröte tritt einige Tage bis Wochen nach dem Zeckenstich auf. Sie stellt das erste Stadium einer Borreliose-Erkrankung dar  und sollte in jedem Fall ärztlich abgeklärt werden. Zwar verschwindet die Wanderröte nach einiger Zeit auch ohne Behandlung. Das bedeutet aber nicht unbedingt, dass das Immunsystem die Bakterien erfolgreich bekämpft hat. Borrelien sind extrem wandlungsfähig. Sie können dem Immunsystem ein Schnippchen schlagen und zu einem späteren Zeitpunkt erneut Beschwerden verursachen.

Im umgekehrten Fall gilt: Wenn keine Wanderröte auftritt, ist eine Borreliose trotzdem nicht ausgeschlossen. Nicht bei allen Betroffenen lässt sich dieses frühe Anzeichen einer Borreliose-Erkrankung feststellen. Experten gehen davon aus, dass nur 50-90 Prozent aller Betroffenen ein Erythema migrans entwickeln.¹

Woran erkennt man eine Wanderröte?

Wichtig zu wissen: Dass die Einstichstelle nach einem Zeckenbiss rot wird, ist völlig normal. Bedenklich wird die Rötung erst, wenn sie sich ausbreitet und größer wird als ein Zweieurostück. Oft zeigt sich um die betreffende Stelle ein Ring, die Haut im Inneren ist im Vergleich zum Rand schwächer gerötet.

Wanderröte mit Erläuterungen Wanderröte mit Erläuterungen

Wie wird eine Borreliose diagnostiziert?

Die Diagnose der Borreliose ist selbst für Ärzte eine Herausforderung. Am einfachsten ist die Situation, wenn eine Wanderröte festgestellt wird und sich der Betroffene an einen Zeckenstich erinnert. Beides ist aber nicht immer der Fall.

Während das Erythema migrans relativ leicht festzustellen ist, sind andere Anzeichen wie Fieber, Abgeschlagenheit und Gelenkschmerzen weniger spezifisch. Auch Bluttests zum Nachweis von Borreliose-Antikörpern sind allein wenig aussagekräftig. In Kombination mit klinischen Symptomen kann ein positiver Test die Diagnose allerdings stützen.

Wie sicher sind Borreliose-Tests?

Grundsätzlich führte eine Infektion mit Borrelien dazu, dass der Körper spezifische Antikörper gegen das Bakterium bildet, die dann im Blut nachweisbar sind. Das Problem: Im Frühstadium der Erkrankung – also beim Auftreten der Wanderröte – sind diese oft noch nicht nachweisbar. In späteren Stadien lassen sich zwar Antikörper nachweisen. Unklar ist aber, ob diese wirklich mit den Symptomen in Zusammenhang stehen. Ein positiver Antikörpertest kann auch bei gesunden Menschen vorkommen und ist kein Beweis für eine akute Borreliose-Erkrankung.²

Weiterhin gibt es die Möglichkeit, eine Zecke nach dem Entfernen auf Krankheitserreger untersuchen zu lassen. Da aber bei weitem nicht jeder Stich einer infizierten Zecke eine Erkrankung zur Folge hat, ist der Nutzen dieser Methode fraglich.

Wie wird Borreliose behandelt?

Die Lyme-Borreliose ist eine bakterielle Infektion und spricht daher prinzipiell auf die Behandlung mit Antibiotika an. In einem frühen Stadium reichen entsprechende Tabletten, die meist über einen Zeitraum von drei Wochen eingenommen werden. Bei späteren Stadien können in schwereren Fällen auch Antibiotika-Infusionen nötig sein.

Die Behandlung ist in den meisten Fällen erfolgreich. Selbst späte Stadien der Borreliose sprechen in der Regel noch auf die Antibiotika-Gabe an.

Welche Krankheitsstadien sind typisch?

Bei einer Borreliose werden drei Stadien unterschieden. Grundsätzlich gilt: Je früher die Erkrankung entdeckt und behandelt wird, desto unkomplizierter und erfolgversprechender ist die Therapie mit Antibiotika.

Stadium I – Erythema migrans

Für das erste Stadium der Borreliose ist die Wanderröte bzw. das Erythema migrans charakteristisch. Weiterhin können allgemeine Symptome wie Fieber, Kopf- und Muskelschmerzen und geschwollene Lymphknoten hinzukommen.

Stadium II –  z.B. akute Neuroborreliose

Das zweite Stadium manifestiert sich häufig am Nervensystem und macht mit Nervenschmerzen und Lähmungen – zum Beispiel halbseitigen Gesichtslähmungen – auf sich aufmerksam. Auch Gehirn- und Hirnhautentzündungen oder Herzmuskelentzündungen können bei dieser Form vorkommen.

Stadium III – Spätmanifestationen

Das dritte Stadium äußert sich vorwiegend als so genannte Lyme-Arthritis oder Acrodermatitis (Pergamentpapierhaut). Bei der Lyme-Arthritis sind die Gelenke betroffen, am häufigsten Knie, Sprunggelenke oder Ellenbogen. Auch die chronische Neuroborreliose zählt zu den Spätmanifestationen, ist aber glücklicherweise extrem selten.

Borreliose-Mythen im Faktencheck

  • Eine einmal durchgemachte Lyme-Borreliose schützt nicht vor Neuinfektion oder Neuerkrankung.
  • Es findet keine Mensch-zu-Mensch-Übertragung durch übliche Kontakte statt.
  • Eine FSME-Impfung schützt nicht vor der Lyme-Borreliose. Das eine hat mit dem anderen medizinisch nichts zu tun. Der manchmal verwendete Begriff „Zeckenimpfung“ ist daher irreführend.
  • Ein positiver Antikörper-Bluttest ist nicht mit einer manifesten Borreliose-Erkrankung gleichzusetzen. Auch gesunde Menschen haben oft entsprechende Antikörper im Blut. Selbstzahler-Tests wie der Lymphozyten-Transformationstest, kurz LTT, sind wissenschaftlich nicht anerkannt.
  • Chronische Verläufe werden häufig propagiert, sind aber extrem selten (chronische Neuroborreliose). Borreliose spricht in der Regel gut auf eine Behandlung mit Antibiotika an und ist damit heilbar.
Abbildung von Antibiotika

Gibt es eine chronische Form der Borreliose?

Um die chronischen Stadien einer Borreliose und entsprechende Spätfolgen ranken sich viele Mythen. Von Arthrose bis Depression gibt es wenige Symptome, die nicht damit in Verbindung gebracht werden. Tatsächlich ist die Borreliose eine Multisystemerkrankung und kann verschiedene Organsysteme betreffen, unter anderem die Haut, das Nervensystem und die Gelenke. Bei den Spätmanifestationen in Stadium III besteht das Risiko eines chronischen Verlaufs. Das bedeutet aber nicht, dass die Erkrankung in diesem Stadium nicht mehr behandelbar wäre.

Hinzu kommt, dass solche chronischen Verläufe sehr selten vorkommen. Einer Studie mit 279.000 Menschen zufolge ist in 89 Prozent der Fälle die Wanderröte das einzige Symptom. Eine akute Neuroborreliose kam bei 3 Prozent der Betroffenen vor, eine Lyme-Arthritis bei 5 Prozent. Von der chronischen Neuroborreliose wurde kein einziger Fall erfasst.³

Liste der bislang in Europa beschriebenen Arten (Genospezies genannt) von Lyme-Borrelien

Borrelia afzeliidefinitiv ein Erreger
Borrelia gariniidefinitiv ein Erreger
Borrelia burgdorferi sensu strictodefinitiv ein Erreger
Borrelia spielmaniidefinitiv ein Erreger
Borrelia lusitaniaemöglicherweise ein Erreger
Borrelia bissettiimöglicherweise ein Erreger
Borrelia valaisianamöglicherweise ein Erreger
Borrelia bavariensismöglicherweise ein Erreger

Quellen

  1. Dr. Jochen Süss: Zecken. Was man über FSME und Borreliose wissen muss, München 2007
  2. Leitlinie der Deutschen Borreliose-Gesellschaft e.V.: Diagnostik und Therapie der Lyme-Borrliose, Jena 2011.
  3. Huppertz et al.: Incidence of Lyme borreliosis in the Würzburg region of Germany. Eur J Clin Microbiol Infect Dis. 1999;18(10):697-70.

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